Pippi Langstrumpf

Alles andere als ein alter Zopf

Los geht`s auf die Abenteuerreise: «Pippi Langstrumpf auf den sieben Meeren». Paddeln Sie mitKeine Frage: Schon das Zwischenfazit in der Pause fällt allgemein euphorisiert aus – das Publikum ist bei Gesprächen restlos begeistert. Der grosse Zuschauerauflauf beweist, dass das «Kindermusical Storchen» mit seinem Bijou mittlerweile zu einer arrivierten Adresse geworden ist. Es ist immer wieder begeisternd, wie der klassische Kinderliteratur-Stoff in diesem Hausee interpretiert wird. Daran hat auch Autor Rico Bühler, der das Ganze «verschweizerdeutscht» hat, einen grossen Anteil. Die Dialoge sind schnell, witzig, kommen auf den Punkt; der Redaktor muss am meisten über den Spruch betreffend  Justin Bieber lachen – wer`s herausfinden will: Selber hingehen!

Normalerweise ist`s ja so: Die Tochter macht einen «Seich», der Vater muss sie retten. Bei Pippi Langstrumpf ists umgekehrt: Immer wieder muss sie ihren Vater retten - , den legendären Kapitän Langstrumpf, den gefürchteten Piraten, der allerdings immer wieder selber in brenzlige Situationen gerät. Also macht Pippi sich auf, ihn zu befreien. Es ist kein Zufall dass die höchst erfolgreiche Autorin Astrid Lindgren Pippi einen Piraten als Vater vorsetzt – von irgendwoher muss der rebellische Geist schliesslich kommen. Sowohl der Pirat als auch die Figur Pippi Langstrumpf stehen für persönliche Freiheit, Abenteuer, Rebellion.  Zum Glück sind diejenigen Piraten, die Kapitän Langstrumpf bei «Pippi Langstrumpf auf den sieben Meeren» entführen, nicht allzu schlau. Da haben sie gegen Pippis Grips keine Chance.

Hervorragende Schauspieler

Der Cast verdient Sonderapplaus am Laufmeter. Gleich zu Beginn trippelt Yael Nussbaum, die erneut die Hauptrolle spielt, durch die Reihen der gespannten Menge. Das ist schlau, das Ostschweizer Publikum braucht meist eine Viertelstunde, bis es auftaut. Doch Nussbaum wickelt die Zuschauer sofort um den Finger, ihre Natürlichkeit und Freude sind ansteckend – Berührungsängste kennt die junge Dame keine. Unglaublich ihr Energielevel, dass sie durch die ganze Vorstellung konstant durchhält.  Auch Jan Simeon als Tommy spielt mit feiner Klinge – ausdrucksvoll, detailverliebt, mit grossen Gesten. Rhetorisch stark.

 

Doch am Meisten trumpft die Kleinste auf der Bühne auf. Lena Trailovic ist aber schon ein alter Hase, sie stand schon als Dreijährige auf der Bühne des «Kindermusicals Storchen». Und man sieht ihr die bereits jahrelange Erfahrung überdeutlich an. Eine einnehmende dynamische Bühnenpräsenz, grossartiges Rhythmus- und Taktgefühl und ein bestimmtes Auftreten lassen keinen anderen Schluss möglich: Da kommt Grosses auf St.Gallen zu. Die Kleinste ist die Grösste – am meisten verblüffen die Reife und die Selbstverständlichkeit, mit der die junge selbstbewusste Dame die Bühne ausfüllt. Grossartig. Dass die Kinder alles live singen, ist ebenfalls einzigartig. Ebenfalls erwähnenswert  die choreografischen Elemente – das sitzt alles punktgenau, die Kinder müssen schnell reagieren. Die Szenen werden schnell und präzis gespielt, da muss jede Position sitzen.

Der Schatz

Klar, es geht immer um Kohle. Besonders bei Piraten, die ihren Schatz auf einer Karibik-Insel vergraben. Und Pippi verlässt ihre Villa «Kunterbunt», um nach Taka-Tuka-Land zu gehen.  Mit ihren besten Freunden Tommy und Annika macht sich Pippi auf, ihren Vater zu befreien.  Das kleine schlaue Mädchen findet eine List, die eher beschränkten Entführer ihres Vaters zu übertölpeln. Und am Ende… nein, halt, das wird nicht verraten.  Das muss man selber herausfinden bei einem B esuch im «Kindermusical Storchen». Und Vielversprechendes kündigt sich an: «Cats» in der Kinderversion wird St.Gallen am 22. Dezember bei der Premiere begeistern. Die bisher gehörten Schnipsel lassen Grosses erahnen.

 

«Pippi Langstrumpf auf den sieben Meeren» ist eine liebevoll erzählte Geschichte, die kinderfreundliche Kulisse lässt es für jede Altersgruppe zum Spass werden. Schöne Kostüme tragen dazu bei, dass das Piratenspektakel auch optisch begeistert. Und klar: Auch das Thema von «Fluch der Karibik» ertönt – und sogar Punk-Rhythmik. Klar, die waren auch Rebellen, genau wie Pippi Langstrumpf. Und auch die hatten rote Haare. An Pippis Zöpfe kommen sie aber niemals ran. Bravo und absolute Empfehlung für alle Theaterfreunde.

Von René Alder (Gossauer Nachrichten)

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